Hämatom – „Wenn man vom Teufel spricht“
Hämatom – „Wenn man vom Teufel spricht“
Am 30.09. veröffentlichen Hämatom ihr neues Album „Wenn man vom Teufel spricht“. Wir haben schon einmal exklusiv für euch reingehört.
In ihrer nun schon 7-jährigen Bandgeschichte steht jetzt das dritte Album in den Startlöchern. Hämatom, das ist das Synonym und meist der medizinisch verwendete Begriff des Blutergusses oder des umgangssprachlichen blauen Flecks.
Ein blauer Fleck kann u.a. durch Gewalteinwirkungen entstehen. Hämatom machen deutschsprachigen Metal, der beim ersten Hören sehr bedrohlich und aggressiv rüberkommen kann. Jedoch kann ein erster Schein auch schnell trügen. Wer sich von ihm dennoch sofort abschrecken lässt, macht es sich viel zu einfach und verpasst vor allem etwas.
Auf „Wenn man vom Teufel spricht“ wird sehr schnell deutlich, dass die Band ein gutes Verständnis dafür hat, wie Musik funktioniert. Hämatom sind experimentierfreudig und binden ihre Ergebnisse wunderbar in ihren eigenen Stil ein. Ein besonderes Gehör sollte allerdings den Texten geschenkt werden. Es sind zumindest dem Empfinden nach keine Texte, die mal eben schnell in einer Kneipe auf einen Bierdeckel gekritzelt wurden. In ihnen scheint sehr viel Liebe, Schweiß und Fleiß gepaart mit nicht wenig Talent und Originalität zu stecken.
Hämatom bedienen sich auf ihrem dritten Album einer großen und interessanten thematischen Vielfalt, die nicht sehr häufig bei Bands zu finden ist. So geht es beispielsweise um Machtstreben, übertriebenen Konsumverhalten, Tiefpunkte im Leben, die Apokalypse, Pädophile und der Entwicklung bzw. Nichtentwicklung des Menschen seit der Zeit des Neandertalers.
Es sind also viele gesellschaftliche Themen, die hier angesprochen werden. Wird einem das bewusst, kann eine bessere Verbindung zum Cover aufgebaut werden. Menschen unterschiedlicher Kleidungsstile, darunter sogar ein Brautpaar, stehen auf einer Straße. Sie haben dem Betrachter den Rücken zugekehrt. Dadurch entsteht eine Anonymität, wodurch diese Menschen für jeden einzelnen von uns stehen könnten und damit die Gesellschaft wiederspiegeln. Der Blick fällt jedoch sofort auf den großen und bedrohlichen Menschenkopf mit den schwarzen, dicken Teufelshörnern am Straßenende. Durch den geöffneten Mund scheint er alles verschlingen zu wollen, was sich ihm in den Weg stellt bzw. was noch auf ihn zukommt. Das weckt die Assoziation eines Zuges auf Schienen, der, wie beispielsweise aus Action- und Horrorfilmszenen bekannt und gerne verwendet, kurz davor ist Menschen auf seiner Strecke zu überrollen. Der Teufel des Covers steht also für das Böse in der Gesellschaft und in einem selbst, welches die Kontrolle gewinnen und auch leicht überhand nehmen kann.
Mit „Sturm“ bieten Hämatom bereits eine gute erste Single mit eingängiger Hookline. Der Song dürfte zudem eine hervorragende Livequalität besitzen. „Fluch oder Segen“ wäre aus persönlicher Einschätzung heraus durchaus als nächste Single denkbar.
„Wenn man vom Teufel spricht“ beginnt allerdings mit „Totgesagt doch neu geboren“. Der Titel bestätigt die Thematik: Mit diesem Song melden sich Hämatom erst einmal zurück. Aber der Titel bestätigt wiederum auch, dass sie diese Thematik mal ganz anders bedienen und beleuchten. Das Album endet auch mit diesem Song, jedoch in einem anderen Gewand. Diese Version ist ruhiger, in ihr spielt der Gesang eine wichtigere Rolle.
Dass die Band ganz andere Seiten aufschlagen kann, beweist sie auf dem Album bereits mit Song „Meer“, der eine wirkliche Überraschung darstellt. Er ist ruhig, musikalisch harmonisch und interessant gestaltet und zeigt die Band von einer sensiblen und verletzlichen Seite.
Mit „Circus Maximus“ findet sich auf „Wenn man vom Teufel spricht“ ein weiterer Song, der auf dem Album etwas aus dem Rahmen fällt. Er ist ganz anders strukturiert und hat etwas von einem Frage-Antwort-Spiel, in dem eine einzelne Stimme etwas äußert und ihr schließlich eine geballte Ladung sehr männlicher Gegenstimmen etwas darauf entgegnet.
Natürlich darf hier und da auch ein Fünkchen Ironie nicht fehlen. Besonders deutlich findet man diese bei „Wer hat Angst“, dem Song über einen Pädophilen. Allein schon, dass er mit fröhlichen Halleluja-Gesängen beginnt, ist Ironie pur und sogar mehr als das. Im Laufe des Stückes tauchen im Hintergrund heilige Gesänge auf.
Nicht nur thematisch, auch musikalisch sind Hämatom auf ihrem neusten Werk vielseitig und nicht ausschließlich purer Metal. Bedingt erinnert die musikalische Gestaltung der Songs an Bands wie Subway to Sally und Oomph!. Nicht nur einmal schleichen sich beim Hören zusätzlich Bilder von Meer, Schiffen, Piraten, Seemännern und Seemannsgarn ein, was das hin und wieder verwendete Akkordeon weiter unterstützt. Es entsteht weiterhin der Eindruck, das Gesamtwerk wurde mit einer Prise des Mittelalter-Genres gewürzt.
Ein blauer Fleck ist etwas, das bleibt. Zumindest für einen kurzen Zeitraum. Auch Hämatom wollen bleiben. Zwar nicht auf der Haut, aber in den Köpfen der Menschen. Sie legen viel Wert auf ihre Musik und wollen nicht unnötig von ihr ablenken. Das ist auch der Grund, warum sie ihre richtigen Namen nicht preisgeben und selbst ihre Pseudonyme mit „Nord“, „Süd“, „Ost“ und „West“ sehr einfach gewählt sind. Wenn man bedenkt, dass ihr Produzent mit dem Pseudonym „Äquator“ sowie ihr Artwork- und Maskenmann mit dem Pseudonym „Pol“ arbeitet, wird das ganze Namenskonzept noch lustiger, schlüssiger und interessanter. In Bezug auf ihre Maskerade stellt sich allerdings die Frage, ob sie nicht den gegenteiligen Effekt hervor ruft und eher von der Musik ablenkt. Dennoch spricht es eindeutig für die Band und ihre Musik, dass sie bereits mit Bands wie Knorkator, J.B.O. und sogar auf dem diesjährigen Wacken-Festival gespielt haben. Bleiben Hämatom weiterhin so vielseitig, wie sie auf „Wenn man vom Teufel spricht“ zeigen, wird ihre Bandgeschichte noch einige Jahre mehr verzeichnen können. Wir wünschen ihnen weiterhin viel Erfolg und allen Fans ab dem 30.09. viel Spaß mit „Wenn man vom Teufel spricht“.
© Conny Hellmuth